13.11.2016

Rede des Ortsbürgermeisters zum Volkstrauertag 2016

Wir haben uns hier versammelt, um am Volkstrauertag gemeinsam zu gedenken den Opfern von Kriegen, Gewaltherrschaft und Terror.

Volkstrauertag - nach seiner Wiedereinführung nach dem 2.Weltkrieg stellten die damaligen Verantwortlichen diesen Tag in die Erinnerung des Deutschen Volkes an die Toten der beiden Weltkriege.

Den “Toten zweier Kriege an den Fronten und in der Heimat” sollte gedacht werden, aber ebenso an die Opfer der Gewaltherrschaft aller Nationen.

Vor 98 Jahren endete der erste Krieg, bei dem das Töten industrialisiert wurde, bei dem erstmals Massenvernichtungswaffen und Giftgas eingesetzt wurden und an dessen Ende 17 Millionen Menschen ihr Leben verloren und über 20 Millionen Menschen zum Teil dramatische Verletzungen erleiden mussten. Dieser Krieg ging als erster Krieg der gesamten Welt in die Geschichte ein.

Und bereits 21 Jahre später begann die bis dato größte Katastrophe und das größte Verbrechen, dem die Menschheit bisher ausgeliefert war, der 2. Weltkrieg. Über 60 Staaten waren direkt oder indirekt betroffen.

Am Ende stand die unglaubliche Zahl von 28 Millionen toter Soldaten, 40 Millionen toter Zivilisten und über 6 Millionen toter Juden und anderer sogenannten “unerwünschten Volksgenossen”.

All dies angezettelt mit grausamer Effizienz vom verbrecherischen Nazi-Regime und im Namen des Deutschen Volkes.

Was folgte war eine Zeit der Besinnung und des Zusammenraufens. Diese Fehler sollten sich nie wieder wiederholen. Und wir alle dachten, dies sei nun Geschichte. Europa erlebte Jahrzehnte der Solidarität und des Friedens.

Aber wieder steht die Welt an einem Scheidepunkt.

Heute vor einem Jahr hat der Terror uns hier mitten in Europa, in Paris eingeholt. Und erst vor 3 Tagen traf es dann das deutsche Konsulat in Masar-e Sharif in Afghanistan und unsere Gedanken sind bei den Opfern und Angehörigen, die wieder einmal das Undenkbare aushalten müssen.

Überall stehen die Demokratien auf dem Prüfstand und müssen um ihren Bestand kämpfen. Erst vor wenigen Tagen wurde in der größten Demokratie der Welt ein Demagoge, Spalter und Realitätsleugner zum Präsidenten und mächtigsten Mann der Welt gewählt.

Vor Europas Haustür baut sich ein demokratisch gewählter Präsident ein diktatorisches Reich auf und setzt ganz Europa unter Druck.

Und auch überall in Europa folgen verunsicherte Bürgerinnen und Bürger nationalistischen Rattenfänger mit ihren einfachen Parolen und wählen diese in Parlamente und in Regierungen.

Aber wir können vor den die Ursachen und Folgen dieser Entwicklung nicht die Augen verschließen. Auch wenn momentan im Verhältnis von vor einem Jahr nur noch ein Bruchteil der Flüchtlinge in unser Land kommt, stehen immer noch Millionen Menschen vor den Toren Europas und hoffen auf ein besseres und friedliches Leben in unseren Regionen.

Es wird über Abschottungen und Obergrenzen diskutiert und an den Symptomen herumgedoktert aber den Ursachen nimmt sich keiner an.

Diese Menschen wollen nichts anderes als ein sicheres und halbwegs freies Leben in ihren eigenen Ländern und dies alles bei einem wirtschaftlichen Mindeststandard, der wenigstens das Überleben sichert.

Auch die höchsten Mauern und ausgeklügelsten Grenzsicherungssysteme können diese Männer, Frauen und Kinder nicht aufhalten, wenn sie sich irgendwo ein wenig Hoffnung auf ihr Überleben machen können.

Und hier müssen wir aufpassen. Aufpassen auf unsere Freiheit und Demokratie.

Wir dürfen weder vor Angst vergehen, noch dürfen wir den ewig gestrigen nun wieder auf den Leim gehen, die dies nutzen wollen um wieder ihre braune intolerante Weltanschauung, die uns bereits in 2 verheerende Kriege geführt hat, salonfähig zu machen.

Wir müssen es mit den Leitmotiven des verstorbenen Staatsmannes Helmut Schmidt halten: Vernunft und Verantwortung übernehmen!

Mit Vernunft und nicht geleitet von Angst oder Ressentiments müssen wir Verantwortung in einer immer komplizierter werdenden Welt übernehmen.

Die Vernunft, dass nicht jeder der nicht den christlichen oder jüdischen Gott sondern Allah anbetet ein Islamist ist und alles und jeden in die Luft bombt.

Verantwortung gegenüber unseren Familien, aber auch gegenüber unserer Gesellschaft oder den Hilfsbedürftigen, die in unser Land kommen.

Verantwortung auch einmal zu sagen, dass unsere Demokratie nichts Selbstverständliches ist und dass sie jeden Tag verteidigt, geschützt und gehütet werden muss.

Wenn wir dies begreifen und umsetzen, dann brauchen wir keine Angst zu haben vor der Zukunft und vor Menschen, die wir nicht kennen oder deren Kultur uns fremd ist.

Und als kleiner Nebeneffekt findet die braune Saat, die immer wieder ausgebracht wird, keinen Nährboden.

Aber lassen Sie mich auf die aktuellen Ereignisse und den heutigen Gedenktag zurückkommen.

Unsere Gedanken sind bei allen Opfern und deren Angehörigen des Terrors und der Willkür in Europa und in der Welt. Aber auch bei allen anderen, die heute in Not oder auf der Flucht sind.

Im Namen der Ortsgemeinde Gau-Odernheim haben wir diesen Kranz niedergelegt.

Wir gedenken allen Toten und Opfern der beiden Weltkriege und des braunen Terrors.
Wir gedenken allen Toten und Opfern aller Kriege bis zum heutigen Tag.
Wir gedenken allen Toten und Opfern von Terror und Willkür, ob von staatlicher oder nichtstaatlicher Gewalt, bis zum heutigen Tag.

Ich möchte allen Beteiligten zur Durchführung der Gedenkfeier meinen Dank aussprechen. Dank an Frau Liesel Poss und den VDK, der wie keine andere Organisation in der Tradition des Volkstrauertages steht. Dank an die musikalische Umrahmung durch Herrn Franz Josef Schefer. Dank an die Fahnenabordnungen der Vereine. Und Dank an Ralf Krämer für die Solo Trompete.

Ich danke Ihnen!

Heiner Illing
Ortsbürgermeister

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