16.11.2014

Rede des Ortsbürgermeisters zum Volkstrauertag 2014

Wir haben uns hier versammelt, um gemeinsam am Volkstrauertag den Opfern von Kriegen, Gewaltherrschaft und Terror zu gedenken.

Volkstrauertag - nach seiner Wiedereinführung nach dem 2.Weltkrieg stellten die damaligen Verantwortlichen diesen Tag in die Erinnerung des Deutschen Volkes an die Toten der beiden Weltkriege. Den “Toten zweier Kriege an den Fronten und in der Heimat” sollte gedacht werden, aber ebenso an die Opfer der Gewaltherrschaft aller Nationen.

In diesem Jahr steht dieser Tag in der Verantwortung zweier besonderer Jahrestage:
Vor 100 Jahren brach der erste Weltkrieg aus. Auch wenn heute die Verantwortlichkeit differenzierter gesehen wird, halb Europa diesen Krieg wollte und eine überhebliche und dilettantische Diplomatie komplett versagte, so war Deutschland doch einer der Hauptkriegstreiber… Dieser Krieg war auch eine Zäsur. Nie zuvor wurde mit einer solchen wissenschaftlichen Akribie die Vernichtung von millionenfachem Leben mit industrieller Rationalität vorangetrieben. Am Ende standen Leid, Tod, Verstümmelung und Armut. Jeder Fünfte, der eingezogen wurde, kehrte nicht mehr heim. 10 Millionen Soldaten verloren ihr Leben. Aber auch 7 Millionen zivile Opfer waren zu beklagen. Über 20 Millionen Menschen mit Verletzungen an Leib und Seele und zum Teil unvorstellbaren Verstümmelungen. Am Ende gab es zwar Sieger auf dem Papier, aber moralisch hatten alle mit ihrem Machthunger, der auf dem Rücken des kleinen Mannes ausgetragen wurde, verloren und der Scherbenhaufen führte unmittelbar 2 Jahrzehnte später in die nächste Katastrophe. Vor 75 Jahren führte Deutschland die Welt in einen Krieg, der den vorgenannten Krieg an Tod und Leid noch bei weitem übertraf, ja sogar potenzierte! Zwar waren beim ersten Weltkrieg schon Staaten der gesamten Welt beteiligt, so fanden die Kriegshandlungen aber überwiegend auf europäischem Boden statt. Das verbrecherische Naziregime entzündete aber einen Weltenbrand und verbreitete einen Terror, was zusammen mit neuem Kriegsgerät und neuen Verbündeten nun den Krieg in die ganze Welt hineintrug. Am Ende standen über 28 Millionen tote Soldaten und die unglaubliche Zahl von fast 40 Millionen zivilen Opfern. Das heißt, ein Land mit einer Bevölkerung wie Frankreich war einfach komplett ausradiert! Zum Leid durch Bomben und Zerstörung kam aber auch eine ungeahnte Dimension an Terror. Familien wurden auseinandergerissen, Männer, Frauen, alte Menschen und Kinder wurden zu Tode gequält und gefoltert. Über 6 Millionen jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger kamen durch diese Verbrecherbande und ihre Helfershelfer zu Tode, aber auch ungezählte Sinti und Roma oder politisch andersdenkende - vor allem Kommunisten und Sozialdemokraten. Oder Menschen, denen man einfach das Recht zu Leben absprach. Es ist schlimm genug, dass nur ein Teil der Verbrecher zur Verantwortung gezogen werden konnte. Viele – auch hier mitten unter uns – zeigten sich als Unschuldslämmer und kamen ungeschoren durch. Deshalb ist es die Pflicht jedes einzelnen, auch bei noch so harmlosem Stammtischgeschwätz, sofort einzuschreiten und die Grenzen aufzuzeigen. Nichts, aber auch rein gar nichts war gut an dieser Zeit! Und heute? Heute ist der Volkstrauertag aktueller denn je zuvor. Auch hier bei uns in unserem Deutschland, welches auf diesem Boden seit über 69 Jahren keinen Krieg mehr gesehen hat. Deutsche Soldaten befinden sich im Auftrag der Bundesregierung und der Staatengemeinschaft im Krieg und manche kehren nicht mehr heim. Wir stehen hinter diesen Soldaten, aber auch von diesen Soldaten geht bei ihrem Auftrag wieder Gewalt aus, die andere Menschen trifft. Es ist ein schmaler Grat auf dem man sich bewegt, wenn Gewalt durch Gewalt verhindert werden soll. Aber leider ist dies immer wieder notwendig.

Im Nahen Osten zieht die Terrorgruppe Islamischer Staat folternd, vergewaltigend und mordend durch das Land um einen sogenannten Gottesstaat zu errichten. Brauner Mob nutzt dies hier bei uns um bei angeblichen Demonstrationen ihrer hirnlosen Gewalt freien Lauf zu lassen. Russland hat wieder Großmachtgelüste und bringt die Welt wieder an den Rand einer Katastrophe… Wenn wir wegschauen, vor der Gewalt von Krieg und Terror in dieser Welt und vor unserer Haustür, wenn wir wieder die Augen verschließen, dann machen wir uns alle schuldig.

Aber was kann jeder von uns machen? Was kann ich machen? Nehmen wir uns einfach mal zurück, oder sagen “Stopp!” wenn am Stammtisch wieder gegen Ausländer gehetzt wird. Nehmen wir unseren Kollegen in Schutz, der gemobbt wird. Oder behandeln wir einfach unsere Mitmenschen so, wie auch wir behandelt werden möchten.

Im Namen der Ortsgemeinde haben wir diesen Kranz niedergelegt.
Wir gedenken allen Toten und Opfern der beiden Weltkriege und des braunen Terrors.
Wir gedenken allen Toten und Opfern aller Kriege bis zum heutigen Tag.
Wir gedenken allen Toten und Opfern von Terror und Willkür, ob von staatlicher oder nichtstaatlicher Gewalt, bis zum heutigen Tag.

Ich möchte allen Beteiligten zur Durchführung der Gedenkfeier meinen Dank aussprechen. Dank an Pfarrer Ferdinand Ogbuehi und die katholische Kirchengemeinde, die in diesem Jahr die Organisation und den Hauptteil übernommen haben. Dank an Frau Ursula Groh und den VDK, der wie keine andere Organisation in der Tradition des Volkstrauertages steht. Dank an die musikalische Umrahmung durch den MGV Gau-Odernheim.

Ich danke Ihnen!

Heiner Illing
Ortsbürgermeister

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